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Wie Australien mein Denken veränderte

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Reportage zum Work & Travel in Australien

Australien liegt hinter mir. Eine Zeit voller Abenteuer, unvergesslicher Erlebnisse, atemberaubender Natur und Begegnungen mit außergewöhnlichen, wunderbaren Menschen. Den Work & Travel Guide für Australien habe ich hier vor wenigen Tagen bereits online gestellt. Nun folgt die Retrospektive meiner Reise. Ehrlich, offen und von Herzen.  

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„Passagiere der Airline Emirates, Flug EK109 nach Dubai bitte zu Gate 16“, tönt es durch die große Lautsprecheranlage des Terminal 2 im Frankfurter Flughafen. Es ist Dienstag, der 03. September 2013. Ich sitze auf einer gemütlichen Bank in der Wartelounge von Emirates und warte genau auf diese eine Durchsage, die den langersehnten Startschuss für eine unbekannte Reise gibt. Mein großes rotes Backpack wird vermutlich in diesen Sekunden in den im Licht der Abendsonne schimmernden Flieger hinter der großen Panoramascheibe geladen. Dieses Flugzeug wird mich innerhalb von dreiundzwanzig Stunden bis ans andere Ende der Welt befördern. Sydney. Australien.

Mir gehen tausend Dinge durch den Kopf, während ich das Flugzeug besteige, am Fenster Platz nehme und hinaus auf das Flughafengebäude schaue, wo meine Freunde und meine Familie sich noch vor einer halben Stunde von mir verabschiedet haben. Bin ich wirklich bereit für das, was mich da erwartet? Habe ich mir zu viel zugetraut? Was, wenn es mit der Sprache doch nicht hinhaut? Plötzlich zweifle ich ein wenig an meinem Vorhaben, allein in einem fremden Land zu arbeiten und herumzureisen. Noch dazu in einem Land, in dem es von tödlichen Gefahren nur so wimmelt. Aber ich rufe mir auch ins Gedächtnis, warum ich mich hierfür entschieden habe. Ich will mehr von der Welt sehen, neue Erfahrungen sammeln, meine selbstgesetzten Grenzen überschreiten und neues Lernen. Ich akzeptiere die Angst.

G’day mate!

Der Flieger trägt mich über Dubai bis hin nach Sydney. Die größte Metropole eines fernen Kontinents. Als ich nach dem anstrengenden Flug schließlich das bescheidene Hostel im Rotlichtmilieu der Stadt beziehe, falle ich vollkommen übermüdet in eines der Stockbetten und gebe mich widerstandslos dem Jetlag hin.

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Ich vor dem Opernhaus in Sydney.

Erst am nächsten Tag gelingt es mir, meine Lungen mit der einzigartigen Schönheit Sydneys zu füllen, während ich zusammen mit ein paar anderen Hostelbewohnern durch den Botanischen Garten laufe und das muschelförmige Opernhaus aus nächster Nähe bewundere. Mir ist am Anfang ein bisschen schwindelig von den ganzen neuen Eindrücken und den sprachlichen wie auch bürokratischen Herausforderungen. Dauernd fühlt es sich so an, als wenn Realität und Traum verschwimmen, insbesondere beim Anblick der australischen Preise. Es dauert einige Tage, bis ich begreife, wo ich gerade bin und was ich hier tue. Ich lerne das Surfen, klettere in den Blue Mountains und genieße Sydneys goldene Sonne und die Strände.

Bye-bye Sydney!

Zusammen mit meinen drei Reisegefährten Alex, Annalena und Johanna breche ich schließlich auf. Raus aus Sydney, rein ins große Abenteuer. Wir nehmen das Auto und bereisen die Ostküste bis hoch nach Fraser Island, wo wir mit einem Allrad-Jeep über die Sanddünen brettern, im glasklaren Wasser des Lake McKenzie schwimmen und nachts den unvergleichlichen Sternenhimmel bewundern.

Weiter geht es nach Brisbane. Diesmal nur mit Annalena und Johanna im Dreier-Lady-Gespann. Wir sind auf der Suche nach einem Job, der sich auf dem Backpacker-Kontinent #1 bedauerlicherweise nur sehr schwer finden lässt. Agentur für Agentur klappern wir ab, lassen uns auf diverse Listen zum Fruitpicking setzen, verteilen Lebensläufe und klopfen an fremde Ladentüren – leider ohne Erfolg. „Wisst ihr, vielleicht solltet ihr es in den kleineren Städten versuchen. Oder mit WWOOFing irgendwo auf einer Farm“, rät uns schließlich eine junge Backpackerin aus Holland, die sich ebenfalls seit Wochen mit der nervigen Jobsuche herumschlägt. Der Plan klingt gut, finde ich und die Mädels stimmen mir zu. Wir verlassen unseren sicheren Hafen und reisen mit dem Bus wieder gen Süden zurück nach Byron Bay. In die Stadt in der das Dope niemals ausgeht und die Menschen ewig jung sind.
Am liebsten wäre ich hier versunken. Einfach geblieben, bis mich die Wellen, wieder an den Strand der Realität gespuckt hätten.

Stattdessen bekommen wir ein Arbeitsangebot auf einer Farm in der Nähe und arbeiten mit sechs anderen deutschen20131112-150830.jpg
Rucksackreisenden für einen geisteskranken Farmer. Zum ersten Mal stoße ich hier an die Grenzen meiner Belastbarkeit. „Beiß die Zähne zusammen“, rät mir Kalle und reicht mir einen Becher Goon während wir auf der schimmeligen weißen Couch auf dem Balkon der Farm sitzen und das glitzernde Meer am Horizont bewundern. „Es kommt der Tag, an dem du das, was du hier lernst, anwenden kannst. Erfahrungen wie diese sind kostbar“.  Die Tage sind lang. Von hier aus beobachten wir neun jeden Abend, wie zwei Pferde zwischen den grünen Zitronenbäumen grasen und malen uns in aller Stille unsere weiteren Abenteuer aus. Im Hintergrund trällert Casper durch kleine iPod Boxen seinen Song „Auf und davon“.

Rastlos auf der Suche

Und dann ist die Zeit gekommen, weiterzuziehen. Ich verabschiede mich von den anderen und lasse ein wenig schwermütig auch Annalena und Johanna einen anderen Weg als den meinen einschlagen. Ein paar Wochen verbringe ich noch in Byron Bay bei einer hilfsbereiten Familie, die mich für ein wenig Unterstützung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung liebevoll aufnimmt. Aber nachts, wenn ich in meinem roten Caravan liege und durch das Fenster den Sternenhimmel anschaue, bemerke ich das wohlbekannte Gefühl der inneren Rastlosigkeit. Ich will weiter. Mehr sehn. Mehr sein. Mehr suchen.

Also schultere ich wieder meinen schweren Rucksack und setze mich erneut in Bewegung. Von Melbourne – wo ich ein Weihnachten am Strand erlebe – nehme ich die Great Ocean Road nach Adelaide; vorbei an windigen Aussichtspunkten, traumhaften Paradiesstränden,  messerscharfen Klippen und goldenen Felsenbuchten. In Adelaide angekommen, steige ich schließlich aus dem Bus aus und schaue mich um. Deborah steht ein paar Meter entfernt bei ihrem Auto, grinst mich fröhlich an und kommt dann auf mich zu, um mir meinen Reiserucksack abzunehmen. Mein Bus hat eine Stunde Verspätung und ich frage sie, ob sie lange warten musste. „Ach, Quatsch! Ich freu mich, dass du da bist. Wie geht’s dir?“. Die Australierin Deb kenne ich aus einem Hostel, das ich kurz nach meinem Farmdesaster für eine Nacht bewohnt habe. Ich darf ein paar Tage bei ihr und später bei ihren Eltern wohnen und „meine inneren Batterien wieder aufladen“, wie Deb es nennt. Sie zeigt mir die tollsten Strände der Umgebung und verschafft mir einen Job bei ihrem besten Freund Jock, der Winzer ist. Sogar zum Tintenfischangeln nehmen mich die zwei mit und wir lachen uns kaputt, weil dieser Ausflug mit einer vollgetinteten deutschen Backpackerin (mir) endet. Ich könnte ewig hier bei diesen tollen Menschen bleiben und jeden Abend den Delfinen im Meer beim Schwimmen zuschauen.

Doch natürlich ist das Ende meiner Reise noch lange nicht erreicht und der Süden Australiens bleibt nicht mein letztes Ziel. Ich muss weiter.

Unendliche Weiten, unendliche Tiefen

Zuerst führt die Route nach Alice Springs mit Zwischenstopps an all den wunderbaren Orten, die das australische Outback zu bieten hat. Salzseen, Nationalparks, Uluru (Ayers Rock) unterirdische Städte und knallroter Sand soweit das Auge reicht. Endlose Weite erstreckt sich links und rechts des verlassenen Highways, auf dem es stundenlang nur geradeaus geht. Welcome to the middle of nowhere! Aus dem Herzen Australiens fliege ich in den tropischen Norden, wo zum Zeitpunkt meiner Ankunft die Regenzeit für graue trostlose Tage sorgt. Der Himmel weint pausenlos und ich habe die eklige, drückende Luft schnell satt, weil sie das Atmen zu einem wahren Kraftakt werden lässt.

IMG_1956Zusammen mit meinem neuen Reisegefährten Kay besteige ich an einem verregneten Montagmorgen einen schaukligen Kahn. Wir wollen heute zum Great Barrier Reef und dort den allerersten Tauchgang unseres Lebens absolvieren. „Immer schön auf den Horizont konzentrieren. Das hilft“, ruft mir ein Mitglied der Crew mit breitem Grinsen zu, als er mein blasses Gesicht sieht. Seekrank sein ist oberscheiße! Ein wenig mitgenommen springe ich schließlich im Taucheranzug ins lauwarme Wasser und vergesse für zehn Minuten die Welt an der Oberfläche. Ich bin hier unten, wo Stille und Gelassenheit herrschen und sich jede Bewegung nur in Zeitlupe vollzieht. Ein großer, bunter Fischschwarm gleitet an mir vorbei und verschwindet im tiefen Blau des Ozeans.

Kein Job, aber scheiß‘ drauf!

Nach wenigen Tagen hier oben im Norden fasse ich den Entschluss nach Adelaide zurückzukehren und wohne für ein paar Wochen in einer Studenten-WG. Obwohl sich der Job-Traum auch hier nicht ganz erfüllt und ich nur meine Unterhaltskosten durch einen Nebenjob als Deutschlehrerin decke, genieße ich die heißen Tage am Strand und freue mich über die Gesellschaft meiner internationalen Mitbewohner.

Der Indian Pacific rollt langsam aus dem Bahnhof. Ich schaue aus dem Fenster. Draußen ziehen die Büsche und Bäume vorbei und vermischen sich langsam, aber sicher mit der trockenen Vegetation des Outbacks. Ich bin auf dem weiten Weg in den Westen, nach Perth. Zwei Tage dauert die Reise mit dem Zug in den mit am dünnsten besiedelten Bundesstaat Australiens. Am Bahnhof erwartet mich Jester, ein hochgewachsener Mann mit Halbglatze, Rugbytrikot und den freundlichsten Augen, die ich je gesehen habe. Sind die Augen nicht bekanntlich die Fenster zur Seele? Bei Jess werde ich für drei Nächte wohnen und Couchsurfing betreiben und natürlich bin ich sehr aufgeregt, weil ich so etwas vorher noch nicht gemacht habe – bei jemandem Wildfremden schlafen. Aber Jess ist der netteste Mensch überhaupt und ich fasse schnell Vertrauen in den ehemaligen Arzt, der schon für internationale Hilfsorganisationen gearbeitet hat. „Stimmt es, dass hier in Perth mittlerweile die Haie abgeknallt werden?“, frage ich ihn einmal, als wir im Auto sitzen. „Ja, stimmt. Und es ist absolut bekloppt, weil nämlich mehr Menschen durch ein Piano sterben, als durch Haie. Ja, durch ein Pi-a-no“, antwortet er. Die Haie tun mir Leid und ich erinnere mich an Deb, die mir damals klargemacht hat, was für schöne Tiere Haie eigentlich sind. Aber ins Wasser traue ich mich hier weiterhin nur bis zur Hüfte. Mit drei Mädels, die ich aus dem Zug kenne, erkunde ich in den Tagen darauf Perth und reise mit ihnen und Jess innerhalb von zwölf Stunden 1400 Kilometer die Küste runter bis nach Albany und zurück. Ich fange schon mal langsam an, dem großartigen Land Australien Lebewohl zu sagen.

„Glaubst du, dass wir uns hierdurch verändert haben?“

„What would you like for lunch today?“, fragt mich die Stewardess freundlich. Ich schüttle den Kopf und erkläre ihr, dass ich keinen Hunger habe. Mir ist flau im Magen, weil ich so aufgeregt bin. Ich befinde mich auf dem Weg nach Hause. Vor einigen Stunden habe ich den Flieger in Neuseeland bestiegen, wo ich während meiner letzten zwei Wochen mit dem Auto herumgereist bin. Von Sydney und meinen lieben Verwandten dort, habe ich mich schon davor verabschiedet. Jetzt sind es tatsächlich nur noch zwei Stunden, bis meine Füße wieder deutschen Boden berühren.

Ich denke darüber nach, was ich aus den Erlebnissen der letzten siebeneinhalb Monate mitnehme und rufe mir die Frage zurück ins Gedächtnis, die Kay mir mal in Adelaide am Pier gestellt hat: „Glaubst du, dass wir uns hierdurch verändert haben?“ Glaube ich das?

Ich denke, das Reisen hat mich ruhiger gemacht und irgendwie gelassener in vielen Fragen des Lebens. Ich weiß jetzt, dass Rückschläge nicht das Ende der Welt bedeuten und dass sich dadurch, wie von allein, völlig neue Wege und Türen auftun, die man zuvor niemals für möglich gehalten hätte. Es sind nicht die üblichen Dinge, wie Selbstorganisation, Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen, die Australien für mich so prägend gemacht haben. Ja, das hat man hier natürlich gelernt, aber es macht keinen neuen Menschen aus mir. Es sind vor allem neue Perspektiven und Facetten, die sich durch das Reisen eröffnet haben und die Welt nun wie durch ein Weitwinkelobjektiv und nicht wie ein Fernrohr erscheinen lassen. Bunter! Detaillierter! Aufregender! Aber ich denke das Größte, was ich aus dieser Erfahrung mitnehme, ist die Dankbarkeit, die ich für ein großartiges Geschenk halte. Ich habe während dieser Monate so viel Liebe, Glück, Warmherzigkeit, Nächstenliebe erfahren, dass ich gar nicht weiß, wie ich das jemals zurückzahlen soll. Und das ist das Gefühl, wegen dem sich das alles hier so sehr gelohnt hat.

Ich schnappe mir mein Backpack vom Gepäckband, setze es ein letztes Mal auf meinen Rücken und trete durch den Gang der Zollkontrolle hinaus in die Wartehalle von Terminal 2 des Frankfurter Flughafens. Und da sehe ich sie auch schon alle stehen und kreischen, mit ihren selbstgemalten Plakaten in den Händen. Bloß nicht heulen, denke ich und schließe meine Liebsten in die Arme, froh darüber wieder daheim zu sein und gleichzeitig traurig, dass jetzt alles endgültig vorbei ist. Es war eine unvergessliche Zeit! Wohin geht es als nächstes? Mal sehen … 😉

 

Ein paar letzte Worte

 

Ich danke allen, die mich hier, auf diesem Blog, bei meiner Reise begleitet und oft so rege ihre Kommentare hinterlassen haben. Ich habe mich über jeden gefreut, der hier ab und an mal reingesehen hat und mit dem ich meine Erfahrungen teilen konnte.

Für alle diejenigen, die die Möglichkeit für einen Work & Travel Aufenthalt in Australien, Neuseeland oder anderswo in der Welt haben, wünsche ich mir, dass ihr durch meine Erlebnisse und Berichte in eurer Entscheidung bestärkt wurdet und ihr nun sehr bald, euer eigenes Abenteuer in die Hand nehmt. Just do it!

Ich verabschiede mich bis auf Weiteres auf dieser Website, stehe aber für alle Fragen per Mail  über anna@dieweltannalysieren.de oder die Kommentarfunktion hier, unter dem Backpacker Guide, weiterhin zur Verfügung. Nutzt die Möglichkeit und fragt, wenn ihr Tipps braucht 😉 Mehr von mir gibt’s auf meinem Blog „Die Welt ANNALYSIEREN„. Klickt euch rein. 

Danke, danke, danke!

Eure Anna

Neuseeland – Ein Roadtrip. Die Südinsel

3 Kommentare

Halli hallo,

da bin ich schon wieder. Diesmal gibt es die letzten Neuigkeiten vom anderen Ende. Heute von der wunderschönen Südinsel Neuseelands.

Nach unserer Schiffsüberfahrt von Wellington nach Picton und unserem kurzen Stopp in Nelson, dem Geburtsort des „einen Rings“, führte uns unsere Reise zum berühmten Abel Tasman Nationalpark, einem rieeeesigen Reservat, das unendliche viele Tracks bereit hält. Manche von ihnen dauern Tage, andere viele Stunden. Wir entschieden uns für einen kurzen Walk, der am Ende einen fantastischen Strand bereit hielt. Menschenleer, verlassen – hier wurde mal wieder klar, die schönsten Orte sind eben die, wo KEINE Menschen ihre Spuren hinterlassen haben. Auch am nächsten Tag packte uns die Abenteuerlust und wir kämpften uns durch Dschungel, Wald und Flüsse bis hin zum Wainui Wasserfall. Das Wasser dort und im Fluss war so glasklar, dass man bis auf den Grund sehen konnten. Ich weiß nicht, ob ich jemals so sauberes Wasser gesehen habe!? Weiter führte die Route bis nach St. Arnaud, einem winzigen Dorf in Mitten der beiden Nelson Lakes. Wir machten Rast am Rotoiti See und genossen auf dem Steg unser Abendessen mit Sonnenuntergang und Blick auf See und Berge. Nachts bewunderten wir dann den überwältigenden Sternenhimmel. Ich sah sogar zum aller, aller ersten Mal in meinem Leben eine Sternschnuppe :-). Lang hielten wir es draußen allerdings nicht aus, weil uns die Sandflies allmählich aufzufressen begannen (die Mistviecher sind hier auf der Südinsel echt ÜBERALL. Jede Sekunde. Tausende. Und die Stiche, die jucken unerträglich. Ich habe absolut keine Ahnung, wie die Neuseeländer das jeden Tag aushalten). Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Punakaiki, wo wir die spektakulären Pencake Rocks besuchen wollten. Kurz nach St. Arnaud gabelten wir dann allerdings erst mal einen Hitchhiker auf. Luca, 33 Jahre aus Italien. Irgendwann
muss man etwas von dem ganzen Glück zurückgeben, das man selbst auf seiner Reise erfahren hat. Das lernt man hier unten. Luca leistete uns schließlich den ganzen Tag Gesellschaft und folgte uns auch zu unserer abenteuerlichen Wanderung durch den Fox River. Zu dritt erkundeten wir das unwegsame Gelände, bis wir schließlich vor einem knietiefen, zehn Meter breitem Fluss standen und das leuchtend, rote Dreieck, das den Wanderweg markierte, auf der anderen Seite erspähten. Echt? Da durch? Schuhe aus, Socken aus, Hosen hoch und ab in die kühlen Fluten. Vier mal musste man den Fluss überqueren, um zurück auf den Wanderweg zu kommen. Natürlich fielen mir ausgerechnet bei Crossing 4 die Schuhe ins Wasser und wir beschlossen Kehrt zu machen. Aber immerhin hatten wir uns eine Weile wie der Typ aus „Into the Wild“ gefühlt …
Gegen Nachmittag zeichneten sich am Rand der Küste allmählich die berühmten Felsen ab, die Ziel unseres Tagestrips waren. Die Entstehung der Pancake Rocks ist bis heute nicht vollständig geklärt. Sicher ist aber, sie sind ein Wunder der Natur. Wie übereinander gestapelte Pfannkuchen stehen sie da an der Westküste – seit Jahrtausenden. Nach unserer kleinen Erkundungstour verabschiedeten wir uns von Luca, der weiter nach Süden trampte und fuhren zu einer kleinen Farm am Highway 6, die neben einer deutschen Gaststädte auch über Campingplätze verfügte. Die Besitzer waren natürlich deutsch und kamen – wir erkannten es sofort am Dialekt – ursprünglich aus Frankfurt 😉 Zum Abschluss des Tages gingen Kay und ich in unserem Campervan auf Sandfly-Jagt. Allmählich sind wir zu sehr erprobten Kriegern geworden und können 40 Fliegen in einer halben bis dreiviertel Stunde erlegen. Man kann sich vorstellen, wie wir da allabendlich in unserem Toyota Family-Auto sitzen, paranoid jeden Zentimeter an der Decke absuchen und schließlich die Population im Auto Fliege um Fliege dezimieren, in dem wir jede einzeln mir dem Taschentuch zerquetschen. Also echt, Moskitos sind NIX gegen diese kleinen Höllentierchen, die aussehen wie harmlose Fruchtfliegen.

Unser nächster Stopp war Queenstown. Auf dem Weg dorthin hatten wir allerdings, zum ersten Mal, eine ganze Menge Regen. Man hatte uns ja gewarnt, dass die Westküste der Südinsel die Region mit der höchsten Niederschlagsrate ist, aber dass es dann so ewig durchregnen würde, hatten wir nicht erwartet. Trotz der grauen Wolkendecke am Himmel, zeigte sich uns die Natur dafür in ihrer restlichen Schönheit. Hier unten hält so langsam der Herbst Einzug und die grünen Laubbäume verwandeln ihre grünen Blätterkleider in die farbenfroheren rot-gelb-orange Varianten. Dazu noch der Nebel und Berge, deren Gipfel sich in den Wolken verstecken und die romantische Träumerei ist komplett. Novalis hätte hier sicher sein absolut bestes Gedicht verfasst …

Wie dem auch sei. Irgendwann am Morgen erreichten wir Queenstown. Das kündigte sich bereits einige dutzend Kilometer vorher an, weil uns plötzlich vier Autos pro Stunde begegneten anstatt einem und weil das Smartphone nach zwei Tagen Funkloch überraschend drei Balken anzeigte. Willkommen in der Zivilisation! Queenstown selbst gefiel mir ziemlich gut. Die Stadt ist für neuseeländische Verhältnisse recht groß (etwa so groß wie Hofheim), voller kleiner Läden, hübschen Cafés (mit der LECKERSTEN Eiscreme, die ich je gegessen habe – kein Witz!) und liegt noch dazu direkt am See. Außerdem ist Queenstown bekannt als der Ort mit den meisten Abenteuersportarten, die das Herz jedes Adrenalinjunkies höher schlagen lassen. Kay und ich beschlossen, uns hier am Paragliding zu versuchen. Etwas, das ich schon immer mal machen wollte und dann doch wohl hier, im wunderschönen Neuseeland. Wir meldeten uns an und bekamen gleich einen Termin für den Nachmittag, wenn sich der Wolkenschleier über der Stadt hoffentlich ein bisschen verflüchtigt haben würde. Wir drückten die Daumen. In der Zwischenzeit besuchten wir den Birdlifepark und lernten ein wenig mehr über die neuseeländische Flora und Fauna. Den scheuen Kiwi (den Vogel! – nicht zu verwechseln mit den Neuseeländern, die man auch Kiwis nennt) bekamen wir ebenfalls zu Gesicht. Und dann war die Stunde der Wahrheit gekommen. Am Telefon bestätigte man uns unseren Paragliding-Flug und wir packten uns in feste Schuhe und warme Klamotten. Dann ging es mit dem Shuttle ab auf den Berg. Und von da an ging alles ganz schnell – zumindest für Kay. Der Wolkenschleier lüftete sich für einige Minuten, Kay bekam sein Geschirr angelegt, der Pilot gab ein paar Instruktionen und dann rannten die zwei auch schon wie wild den Berg runter, bis sie hinter dem Abhang verschwunden waren. Allerdings nur um nach wenigen Sekunden wieder aufzutauchen – in der Luft schwebend, unter einem riesigen gelben Schirm.
Ich wurde derweil auch fertig gemacht und wartete darauf, dass mein Pilot das Startsignal geben würde. Er tat es nicht. Just in der Sekunde, als Kay durch das Wolkenloch geschlüpft war, hatte es sich auch schon wieder geschlossen und vor uns lag nun eine dicke, undurchsichtige graue Wand. Mist. Nach zehn Minuten Hoffen und Bangen ging es dann aber auch für mich los. Das Gefühl endlich in der Luft zu sein war einfach der absolute Hammer! Es fühlte sich an wie ein Traum, wie ich da so über den Tannen und Bergspitzen hinweg flog. Als ein Adler links neben uns vorbei schwebte, war dann alles absolut perfekt! Kurz vor der Landung machte mein Pilot noch einige akrobatische Tricks, bei denen mir das Herz in die Hose rutschte und das Adrenalin volle Ladung in die Arterien schoss. WAHNSINN!

Es war schon ziemlich schade, so schnell wieder am Boden zu sein. Das muss definitiv wiederholt werden 😉

Nach diesen abenteuerreichen Tagen brachen wir unsere letzte Etappe an. Das Ziel war Christchurch – das Ende unserer Reise. Und hier bin ich nun auch und kann kaum glauben, dass ich in weniger als 14 Stunden das Flugzeug nach Frankfurt besteige. Das Wetter hat sich diesem etwas traurigen Abschied bereits angepasst: es regnet seit 2 Tagen in Strömen, was das 2011 vom Erdbeben zerstörte Christchurch noch trostloser erscheinen lässt. Überall sieht man verlassene Gebäude, zerstörte Häuser, die Geschäfte sind verrammelt. Die Shopping-Mall im Zentrum der Stadt hat man in große Industriecontainer verpackt. Architektonisch ein wahres Kunststück, wie ich finde. Doch trotz der Versuche, die Stadt bunter und lebhaft erscheinen zu lassen, bleibt Christchurch vor allem eines: verlassen.

„Verlassen“ ist auch hier in diesem Eintrag das Stichwort. Nach wahnsinnig kurzen 8 Monaten ist es Zeit nun wieder heimzukehren. Ich freu mich rieeeeesig auf Euch! ❤

Bis in 2 Tagen 😉
Eure Anna

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P.s. Bilder vom Paragliding folgen in den nächsten Tagen 😉